11.12.2013 GAP-Reform: Nationale Umsetzung als Mogelpackung

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ÖBV:  Die Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft ist nur ein Lippenbekenntnis

Die Ausgestaltung der GAP-Reform auf europäischer Ebene ist entschieden – nun geht es an die nationale Umsetzung, die in den Koalitionsverhandlungen heiß diskutiert wird. Trotz komplexer EU-Richtlinien und bürokratischer Korsette gibt es mehr Spielraum als von den meisten ÖVP-Agrarfunktionären zugegeben wird. Insbesondere Maßnahmen, die zulasten der bisherigen Profiteure gehen würden, werden meist mit Verweis auf „EU-Vorschriften“ abgetan. Kleine und mittlere Betriebe und auch das extensive Grünland könnten ab 2014 deutlich besser gestellt sein – doch das verschweigen die ÖVP-Agrarvertreter ihrer eigenen Klientel.

Schon vor zwei Jahren haben Minister, Agrarlandesräte, Bauernbund und Landwirtschaftskammern vollmundig verkündet, sich auf ein „einheitliches Regionalprämienmodell“ geeinigt zu haben. Bei näherer Betrachtung war dieses Versprechen eine Mogelpackung. Für extensives Grünland – also einmähdige Wiesen, Hutweiden, Bergmähder und Almen – sollen Bäuerinnen und Bauern nur ein Viertel der möglichen Basisprämie erhalten. Zudem wird der Übergang zu einem österreichweit einheitlichen Modell bis 2019 hinausgezögert. „Die österreichische Agrarpolitik benachteiligt das Grünland und vor allem die extensiven Betriebe massiv. Würde die EU-Kommission das bisherige historische Fördersystem, in dem es Unterschiede bei der Betriebsprämie pro Hektar von mehr als 700 Euro zwischen Grünlandbetrieben und Ackerbauern mit Stiermast gibt, in Zukunft noch akzeptieren, so hätte man es mit Sicherheit weitergeführt. Nun sieht es so aus, als sei die Agrarpolitik darauf bedacht, jene, die in den letzten 12 Jahren zu den Gewinnern gezählt haben, zu schonen und eine gerechtere Aufteilung der Fördermittel so weit wie möglich hinauszuschieben und zu verwässern“, so Christine Pichler-Brix, Obfrau der Österreichischen Berg- und KleinbäuerInnenvereinigung.

"Die Abstufung des extensiven Grünlandes auf 25% der Betriebsprämie ist unglaublich. Ich frage mich, warum man von den Bauernvertretern Westösterreichs keinen Aufschrei hört“, so Pichler-Brix, die am Attersee einen Biobetrieb bewirtschaftet, weiter.

 

Zwtl: Top up unerwünscht

 

Eine Möglichkeit, ein Fördermodell zugunsten von kleinen und mittleren Betrieben einzuführen, wird von der Agrarpolitik größtenteils totgeschwiegen. Die EU-Verordnung ermöglicht es den Mitgliedsstaaten, 30% der Mittel der 1. Säule für bis zu 30 ha pro Betrieb als Zuschlagszahlung (Top-up) auszuzahlen. Insgesamt stehen Österreich durchschnittlich EUR 692,3 Mio. in der Ersten Säule der GAP (Direktzahlungen) pro Jahr zur Verfügung, es könnten also beträchtliche Mittel für die Förderung der kleinen und mittleren Betriebe aufgewendet werden. „Man könnte die ersten 20 ha pro Betrieb – das ist in etwa unser nationaler Durchschnitt – mit einer Zuschlagszahlung von z.B. 100 € pro ha fördern. Natürlich würde dies eine Kürzung für alle über diese 20 ha hinausgehenden Hektar bedeuten, andererseits aber die Bekenntnisse zu einer kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft durch konkrete Unterstützung untermauern. Die dadurch ermöglichte Umverteilung ist politisch jedoch nicht erwünscht und wird mit fadenscheinigen Argumenten abgeschmettert. Den betroffenen Bäuerinnen und Bauern erzählt man lieber nichts davon“, kritisiert Christine Pichler-Brix.

Rückfragehinweis
Christine Pichler-Brix, Obfrau der ÖBV-Via Campesina Austria
0664-73566685

DIin Irmi Salzer, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit ÖBV-Via Campesina Austria
0699-11827634