Termine
ÖBV Veranstaltungen
Nyéléni Herbsttreffen
Tagung "Gutes Essen für alle" Do, 26. Okt – So, 29. Okt 2017 8020 Graz
ÖBV Veranstaltungen
Konzerne entmachten! Verbindliche Regeln statt globale Klagerechte für Konzerne

Podiumsdiskussion

Wien, Mo. 30.10.17, 18:30

Adresse: Younion, Maria-Theresien-Straße 11, 1090 Wien

Bäuerinnen-Block
BÄUERINNEN-BLOCK
Netzwerken für ein Gutes Leben

9. Okt 2016, Christine Pichler-Brix (Biobäuerin in Oberösterreich)

 Ich bin überzeugt, dass die politische Arbeit für ein gutes Leben Spaß u...

BÄUERINNEN-BLOCK
Die diesjährigen Preisträgerinnen für kreative Entwicklung im ländlichen Raum

15. Okt 2016, eine Zusammenfassung und Kommentar zu den Biografien

Im Zuge dieser weltweiten Aktionstage, werden jedes Jahr Preise an einige Fraue...

BÄUERINNEN-BLOCK
"Die Post bringt allen was" - Samen gegen Gewalt

12. Okt 2016, Ulrike Stadler (Bäuerin in OÖ)

Stimmt, es gibt kaum einen Tag, an dem der Briefkasten leer bleibt. Unter einem dicken Stapel von P...

Wie im Westen so auf Erden -

warum die Industrieländer nachhaltig Land bewirtschaften müssen

Image

von Irmi Salzer, La Via Campesina                                                                      Bad Boll, 1. Dezember 2009

Vor zwei Wochen endete in Rom der Welternährungsgipfel. Die Regierungschefs der G8 Staaten glänzten durch ihre Abwesenheit - anscheinend sind eine Milliarde hungernder Menschen kein Grund, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Denn die Regierungen der Industrie- aber auch Schwellenstaaten haben sich mithilfe ihrer Einflüsterer aus der Agro- und Chemieindustrie längst darauf geeinigt: Das Problem löst man am besten durch altbewährte Rezepte: „More of the same" ist die Devise. Hinter dem „Weiter so!" verbirgt sich in erster Linie die Fortsetzung einer auf Agrochemikalien basierenden Steigerung der Hektarerträge von Monokulturen, dahinter verbirgt sich die „Grüne Revolution für Afrika" (gesponsert von der Bill&Melinda Gates Stiftung), dahinter verbergen sich Gentechnik und die weitere „Liberalisierung" des Agrarhandels (vgl. Clausing, 2009). Vermeintlich philanthropische Anstrengungen, die doch nur dazu dienen sollen, die Hungernden der Welt zu ernähren, entpuppen sich bei näherer Hinsicht als Mittel zur Profitsteigerung immer mehr verflochtener Agrar- und Biotechnologiekonzerne, lebensmittelverarbeitender Industrie und Handelsketten. So leidet die Düngemittelindustrie schon seit längerem unter einer Überproduktionskrise (vgl. Hoering, 2007) - umso notwendiger scheint es, KleinbäuerInnen weltweit in das agroindustrielle Modell zu zwingen oder vom Markt zu drängen.

Exportieren, emittieren und profitieren

Die EU ist die weltweit größte Exporteurin von Lebensmitteln. Sie ist aber auch gleichzeitig die größte Importeurin. Das klingt nach einem ausgeglichenen Geben und Nehmen, doch bei genauerer Betrachtung wird offensichtlich, dass der exzessive Agrarhandel keine win-win-Situation für alle Beteiligten darstellt. Mariann Fischer-Boel erklärte in einem ihrer Abschiedsinterviews: We and the sector have been very clever to add value to production. We are mostly importing raw materials - putting maybe soybeans through pigs - but then exporting high quality products worldwide. Die Profiteure dieser "cleveren" Politik sind jedoch nur einige wenige. Die Mehrzahl der Bauern und Bäuerinnen auch in Europa gehört jedenfalls nicht zu den GewinnerInnen dieser Politik. Etwa ein Drittel der europäischen Betriebe befinden sich z.B. in Rumänien, sie sind durchschnittlich 1 ha groß und haben 2 Milchkühe. Sie werden vom Exportkuchen kaum etwas abbekommen. Ebensowenig profitieren die hunderttausenden migrantischen Arbeitskräfte, die für Hungerlöhne und zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen in spanischen Folienhäusern, österreichischen Spargelfeldern und sicher auch in Deutschland schuften müssen und ohne die unser kapitalistisches Landwirtschaftsmodell nicht funktionieren würde.

Die Folgen der europäischen Landwirtschaftspolitik für die Biodiversität und das Klima sind hinlänglich diskutiert worden. Weltweit trägt die Landwirtschaft je nach Berechnungen zwischen 25 und 38% zum Klimawandel bei. Wenn die europäischen Werte als weitaus geringer angegeben werden - die DG Agri berechnete vor kurzem 9% des CO2-Äqivalenteausstoß der EU 27 - dann wird aber die Inanspruchnahme außereuropäischer Flächen für den Bedarf der heimischen Landwirtschaft nicht mitgerechnet.

Wettbewerbsfähigkeit und Produktivitätssteigerung

Die oberste Maxime der europäischen Agrarpolitik ist die Wettbewerbsfähigkeit. Im Prinzip ist es trotz aller Lippenbekenntnisse egal, wie viele Bauern und Bäuerinnen in Nord und Süd dabei auf der Strecke bleiben. In der EU schließt alle drei Minuten ein Bauernhof seine Pforten.  Laut Olivier de Schutter, Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, sind 50% der 1 Milliarde Hungernder Kleinbauern und -bäuerinnen. Die EU-Exporte ruinieren die Märkte im Süden, in Jamaika z.B. verkauften mehr als die Hälfte der MilchbäuerInnen ihre Kühe, nachdem billiges, mit Steuergeldern subventioniertes Milchpulver ab 2000 den inländischen Markt überschwemmt hatte. Auch in Indien, Burkina Faso, Kenia und der Dominikanischen Republik trieb das subventionierte Milchpulver tausenden MilchbäuerInnen in den Ruin. Laut Zahlen der EU-Kommission von 2008 gingen 32% der subventionierten Vollmilchexporte in die LDC-Länder, 15% der Magermilchexporte und 6% der Butter. Gleichzeitig hat sich die Zahl der europäischen MilchproduzentInnen in den letzten 15 Jahren um mehr als 60% verringert - trotz Exporterstattungen und subventionierter Lagerhaltung.

We feed the world?

Die Milch ist nur ein Beispiel für die negativen Auswirkungen der EU-Agrarpolitik. Dennoch hatte die EU-Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte ihre Stärken. Olivier de Schutter z.B. misst der Marktregulierung und im Besonderen der Regulierung des Angebots eine hohe Bedeutung zu. Leider scheinen die europäischen AgrarpolitikerInnen die diesbezüglichen Erfolge der GAP vergessen zu wollen. Fischer-Boel schwärmt von den Exportmöglichkeiten nach Asien und ist überzeugt, dass Europa eine bedeutende Rolle bei der zukünftigen "Versorgung" der wachsenden Weltbevölkerung spielen muss. Der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-

Gesellschaft (DLG), Carl-Albrecht Bartmer, fordert aus denselben Gründen eine „nachhaltige Produktivitätssteigerung" der europäischen Landwirtschaft. Angesichts der Lebensmittelkrise in den vergangenen beiden Jahren müssen Politik, Gesellschaft und Agrarwirtschaft in Deutschland und Europa ihre „besondere Verantwortung", die Weltbevölkerung mit Nahrung und Energie zu versorgen, wahrnehmen. Hindernisse für seine Vision der „nachhaltigen, tiergerechten und ökologisch verantwortungsvollen Intensivierung der Produktion" sieht Bartmer im - in seinen Augen - allzu restriktiven europäischen Gentechnikrecht, das Anbau und Forschung „unmöglich mache". Auch der Schutz des geistigen Eigentums für „züchterisch verbessertes Saatgut" ist laut Bartmer „unzureichend". Leitbild für Politik und Agrarwirtschaft muss der „moderne landwirtschaftliche Unternehmer" sein, jegliche „irgendwie geartete Abschottung vom Weltmarkt" dürfe es nicht geben.Was für eine verlockende Vorstellung! Ökologisch verantwortlich, aber bitte mit gentechnisch modifiziertem Saatgut; nachhaltig, aber gerne mit Patenten und hohen Lizenzzahlungen für Saatgutkonzerne.  Dazu Exporte, Dumping und Öffnung der Märkte ... BäuerInnen, die nicht ins Bild des landwirtschaftlichen Unternehmers passen und etwa einer ausgeglichenen Kreislaufwirtschaft anhängen, sollten wahrscheinlich schleunigst einen anderen Beruf ergreifen. Denn - eine „strukturkonservierende Agrarpolitik" werde es nicht mehr geben und die „Idealisierung des Stillstands" ist laut Bartmer eine gefährliche Illusion. Bei der diesjährigen Wintertagung der DLG mit dem Thema „Landwirtschaft 2020" wurde prophezeit, dass das 21. Jahrhundert das „Zeitalter der Lohnunternehmer und Bewirtschafter" werden solle, in dem Betriebe mit mehreren 100.000 ha vorstellbar seien. Im Milchsektor werde es bald nur mehr Melkautomaten geben, der biotechnologische Fortschritt werde starke Veränderungen bewirken. Schweinemastbetriebe werden durchschnittlich 2.000 bis 3.000 Mastschweine halten, die Zahl der deutschen Ferkelerzeuger werde sich halbieren. Wie ihr Präsident gehen auch die von der DLG geladenen Experten davon aus, dass es anstatt Bauern und Bäuerinnen nur mehr Landwirtschaftsmanager geben wird: „Wer in diesem Umfeld als Unternehmer mithalten will, muss höhere finanzielle Risiken akzeptieren, Personal führen können, kommunikativ sein und auch für großräumige Mehr-Standorte-Konzepte offen sein", so Peter Spandau von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. (Quelle: aiz-info)

Was sind die Alternativen?

Die  Diskussionen über die GAP nach 2013 sind in vollem Gang. Begehrlichkeiten auf das Landwirtschaftsbudget  setzen die AgrarpolitikerInnen unter Druck. Auch die europäische Öffentlichkeit wird zunehmend unzufrieden, wenn sie sieht, wie ihre Steuergelder der industriellen Landwirtschaft nachgeworfen werden. Lebensmittelskandale verunsichern die VerbraucherInnen, während Bauern und Bäuerinnen (insbesondere jene, die Lebensmittel weiter verarbeiten und direkt vermarkten) über übertriebenen Hygienebestimmungen verzweifeln. Es liegt also einiges im Argen mit der GAP. Dennoch brauchen wir eine starke, nicht nationalisierte Gemeinsame Agrarpolitik. Sie muss in einigen Punkten grundlegend umgebaut werden, soll gleichzeitig aber auch ihre Stärken bewahren.

Regulierung der Märkte

Ein zentraler Punkt der zukünftigen europäischen Agrarpolitik muss die Regulierung des Angebots und der Märkte sein. Denn, wie Niek Koning von der Universität Wageningen schreibt: „Die Erfahrung zeigt, dass die Landwirtschaft auf einem liberalisierten Markt nicht gedeihen kann. Seit moderne Düngemittel die Erträge explodieren ließen und moderne Transportmittel den globalen Handel mit Agrarprodukten möglich machten, litten die landwirtschaftlichen Märkte unter immer wieder kehrendem Überangebot. Die BäuerInnen können dies nicht ausgleichen. Sie können ihre Produktion nicht wie große Konzerne managen, und spontane Anpassungen durch Schließungen von Höfen finden nicht statt. Die meisten BäuerInnen reagieren auf Preisabstürze, indem sie die Gürtel enger schnallen und neue Möglichkeiten suchen, ihre Produktion zu erhöhen. Aber weil ihre NachbarInnen dasselbe tun, sind sie in einer Tretmühle gefangen, die nur zu neuer Überproduktion führt. Auf einem freien Markt sind Nachfrage und Angebot nur ausgeglichen, wenn diese Tretmühle die letzten Margen, die BäuerInnen für Investitionen reserviert haben, herausquetscht. Das Ergebnis ist eine Stagnation in der Entwicklung der Betriebe und eine chronische Malaise der ländlichen Gesellschaft. Alle "entwickelten" Länder haben daher ihre BäuerInnen geschützt, um Spielraum für Investitionen zu lassen. Weil diese Schutzmaßnahmen aber das landwirtschaftliche Produktionswachstum verstärken, kommt es zu vermehrtem Überangebot auf den Weltmärkten. Dieses Problem war z.B. in den 1930ern akut und lehrte eine ältere Generation von EntscheidungsträgerInnen, dass Schutzmaßnahmen für die Landwirtschaft immer an eine Regulierung des Angebots und an eine multilaterale Regulierung der Weltmärkte gekoppelt sein müssen" (Koning, 2007)

Koppelung der Förderungen an soziale und Umweltkriterien

Angeblich werden die Direktzahlungen an europäische LandwirtInnen ja an Bedingungen (die sogenannte Cross Compliance) geknüpft und passieren so als „nicht-handelsbezogene Anliegen" (non-trade concerns) das strenge Auge der WTO-Bürokraten. Diese Kriterien entsprechen jedoch nur Mindeststandards und tragen kaum dazu bei, den Verlust der Biodiversität oder die Ausbeutung der Nutztiere zu verhindern. Im Prinzip dient die Cross Compliance nur dazu, interne politische Unterstützung für eine versteckte Handelspolitik zu erlangen. Bäuerliche Bewegungen wie La Via Campesina fordern deshalb schon lange, dass Subventionen nur wirklich umweltgerecht und nachhaltig wirtschaftenden Betrieben und vermehrt der Biolandwirtschaft zugute kommen dürfen.

Zudem fordern wir die längst fällige Koppelung der Förderungen an soziale Kriterien. Betriebe, die ihre Arbeitskräfte nicht angemessen bezahlen (Kollektivverträge!) und ihnen eine menschengerechte Unterbringung gewährleisten, müssen in Zukunft von allen Förderungen ausgeschlossen werden.

Umverteilung und Koppelung an die Arbeitskraft

Einerseits wird in der agrarpolitischen Diskussion gebetsmühlenartig wiederholt, dass Großbetriebe produktiver seien als kleine Höfe. Abgesehen davon, dass dies nur stimmt, wenn man die Produktivität pro Arbeitskraft und die flächenbezogene Gesamtproduktivität des Betriebes verwechselt (vgl. Rosset, 1999) und das „Doping" der Großbetriebe mittels Agrochemie und Erdöl außer acht lässt, scheint dieses Argument schnell vergessen zu werden, wenn es um die Verteilung der Förderungen geht. Da ein Großteil der Gelder an die Fläche gebunden ist, kassieren die großen Betriebe auch unverhältnismäßig viel. Skaleneffekte sind in dieser Diskussion dann aber plötzlich kein Thema mehr. Die großen industriellen Betriebe sind aber für eine Vielzahl negativer Folgekosten verantwortlich sind, die sie externalisieren, also der Gesellschaft aufbürden.

La Via Campesina fordert deshalb eine drastische Umverteilung der Förderungen und eine Koppelung an die Arbeitskraft. In Österreich wurde in einer vom Landwirtschaftsministerium finanzierte Studie erforscht, welche Auswirkungen eine solche Koppelung auf die Verteilung der Fördergelder hätte. Konkret erforschten Wissenschafter mehrerer Institutionen, wie sich die Einbeziehung des Arbeitseinsatzes als Kriterium zur Gewährung der Direktzahlungen (Marktordnungszahlungen- Säule 1) auswirken würde. Die Ergebnisse untermauern unserer Meinung nach, was La Via Campesina schon lange reklamiert: Profitieren würden kleinere und mittlere Betriebe, vor allem in Ungunstlagen - und naturgemäß - mit hohem Arbeitseinsatz. Originalton aus der Zusammenfassung der Studie: „Gewinner wären insbesondere Betriebe mit höherem Viehbesatz (vor allem Milchviehbetriebe) und/oder natürlicher Erschwernis ...Marktfruchtbetriebe würden im Durchschnitt verlieren, Futterbaubetriebe am meisten dazugewinnen. Bergbauernbetriebe erhielten mehr Direktzahlungen, Nichtbergbauernbetriebe weniger. Betriebe bis 30 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche könnten von einer Gewährung der Direktzahlungen nach dem Arbeitszeitbedarf Nutzen ziehen, am meisten jene mit 10 bis 20 ha (im Schnitt der Betriebe 1.150 Euro). Betriebe mit mehr als 30 ha würden Direktzahlungen einbüßen, wobei die Einbuße mit dem bewirtschafteten Flächenumfang eng korreliert." (Quelle: Homepage der Bundesanstalt für Bergbauernfragen). Zu berücksichtigen ist bei diesen Berechnungen, dass die Autoren nur 50 % der Direktzahlungen aus Säule 1 (der Betriebsprämien) an die Standardarbeitszeiten koppelten. Würden 100 % an den Arbeitseinsatz gebunden, wäre die Umverteilungswirkung wohl noch größer.

Verantwortung der Politik statt KonsumentInnendemokratie

Die Politik hat es in der Hand zu gestalten. Ein Beispiel ist die Einführung der gesetzlich verpflichtenden Beimischungsziele bei Agrotreibstoffen. Durch diese EU-Richtlinie wurde ein künstlicher Markt geschaffen - trotz aller Marktliberalisierungsrhetorik greifen europäische AgrarpolitikerInnen also in den Markt ein, wenn sie (oder die sie bedrängenden Lobbies) es für richtig halten. Wir fordern für die neue GAP ebenso ambitionierte politische Maßnahmen, wenn es z.B. um die öffentliche Beschaffung geht. Warum nicht Mindestmengen für biologische und regional sowie fair erzeugte Produkte vorschreiben? Warum nicht Pestizide und chemische Dünger weitaus höher besteuern? Warum nicht den Kraftfuttereinsatz für Wiederkäuer auf ein tier- und umweltverträgliches Maß beschränken? Es gäbe viele Ansatzpunkte, die neue GAP umwelt- und sozialverträglicher auszurichten.

Doch PolitikerInnen flüchten immer mehr aus ihrer Verantwortung und schieben den Schwarzen Peter weiter an die KonsumentInnen. Der österreichische Landwirtschaftsminister erklärte wörtlich, dass die österreichische Agrarpolitik an der Supermarktkasse entschieden wird. Wir aber sind gegen die KonsumentInnendemokratie!! KonsumentInnen müssen nicht nur ihr Einkaufsverhalten prüfen sondern sich als aktive BürgerInnen der Gesellschaft begreifen. Politisch korrekt einkaufen allein reicht nicht. Wir müssen gemeinsam Alternativen zu diesem Lebensmittelsystem, das auf unfairen Bedingungen entlang der ganzen Wertschöpfungskette beruht, schaffen. Also politisches und gesellschaftliches Engagement, Alternativen leben, solidarische Ökonomie. Zuerst hier bei uns was ändern, bevor wir uns im Süden einmischen.

Zum Schluss hier die noch unveröffentliche europäische „Food Declaration", die von einer Vielzahl an Organisationen, darunter La Via Campesina, erarbeitet wurde:

Die neue Gemeinsame Lebensmittel- und Agrarpolitik:

  •     Versteht Ernährung als ein universales Menschenrecht, und Lebensmittel nicht lediglich als eine Ware.
  •     Gibt dem Anbau von Nahrungs- und Futtermittel für Europa den Vorzug und verändert internationalen Agrarhandel auf der Basis der Prinzipien von Fairness, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer  Nachhaltigkeit.                                             
  •     Fördert gesunde Essgewohnheiten sowie Ernährungsformen, die vor allem auf pflanzlicher Basis beruhen und einen reduzierten Konsum von Fleisch, von energie-intensiven, hochverarbeiteten Nahrungsmittel sowie gesättigten Fetten beinhalten und welche die kulturell verschiedenen Gewohnheiten und regionalen Traditionen respektieren.
  •     Priorisiert die Erhaltung von landwirtschaftlicher Produktion durch eine Vielzahl von Bauern und Bäuerinnen, mit dem Ziel, Lebensmittel zu erzeugen und die Kulturlandschaften zu erhalten. Dieses Ziel ist ohne gerechte und sichere Einkommen für Bauern und Bäuerinnen, die ihnen und auch den LandarbeiterInnen einen gerechten Lohn ermöglichen, bei gleichzeitig fairen Preisen für KonsumentInnen nicht machbar.
  •     Stellt faire, nicht diskriminierende Rahmenbedingungen für landwirtschaftliche ProduzentInnen und LandarbeiterInnen in  Zentral- und Osteuropa sicher und fördert den fairen und gleichen Zugang zu Land.
  •     Respektiert die lokale und globale Umwelt, schützt die endlichen Boden- und Wasserresourcen, erweitert die Biodiversität und respektiert Tierwohlfahrt.
  •     Garantiert, dass Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion frei von Gentechnik bleibt und stärkt die Kontrolle von Bauern und Bäuerinnen über Saatgut und die Diversität lokaler Vielfalt.
  •     Stoppt die Förderung des Anbaus und der Verwendung von industriell produzierten Agrotreibstoffen und priorisiert die Reduktion von Transporten.
  •     Stellt Transparenz entlang der gesamten Nahrungsmittelkette sicher, sodass BürgerInnen darüber Bescheid wissen, wie ihre Nahrungsmittel produziert wurden, woher sie kommen, woraus sie bestehen und was im Endverbraucherpreis enthalten ist.
  •     Reduziert die Machtkonzentration und den Einfluss der Lebensmittelverarbeitenden Industrie sowie des Einzelhandels hinsichtlich der Produktion und des Konsums und fördert ein Lebenssmittelsystem welches die Entfernung zwischen   den ProduzentInnen und KonsumentInnen verringert.
  •     Fördert den Anbau und den Konsum von hoch qualitativen lokalen und saisonalen Produkten und stellt eine engere Verbindung zwischen NahrungsmittelproduzentInnen und KonsumentInnen her.
  •     Stellt Mittel für die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten über die Produktion, die Verarbeitung und den Genuss von gesunden und nahrhaften Lebensmitteln an Kinder bereit.

 

 

 

Literatur:

Clausing,P.:  Reale Alternativen. Wider das agroindustrielle Doping - eine andere Landwirtschaft ist möglich.Überlegungen anlässlich des diesjährigen Welternährungsgipfels. Junge Welt, 18. November 2009: http://www.jungewelt.de/2009/11-18/024.php

EurActiv: Interview mit Mariann Fischer-Boel. 19. November 2009.
http://www.euractiv.com/en/cap/fischer-boel-future-farm-policy-bolster-production/article-187490

EurActiv: UN envoy: World set for new food crisis in 2010. Interview mit Olivier de Schutter. 25. November 2009

Hoering, U.: Agrarkolonialismus in Afrika, Hamburg 2007

Kirner, Hovorka, Handler, Tamme, Stadler, Hofer, Blumauer: Analyse der Einbeziehungdes Arbeitseinsatzes für die Ermittlung von Direktzahlungen in der Landwirtschaft. Wien, Mai 2008. Ist auf der Homepage der Bundesanstalt für Bergbauernfragen (www.berggebiete.at) im pdf-Format verfügbar.

Rosset, P.: The multiple functions and benefits of small farm agriculture. Food First Policy Brief No. 4, 1999. ­